Die iranische Presse spricht inzwischen von
einem "Cyber-Krieg".
Montag, 27. September 2010
Cyber-Attacke im Iran Stuxnet mutiert mehrmals
Stuxnet dringt in Systeme ein, die Industrieanlagen, Kraftwerke und auch
Ölpipelines und -plattformen steuern. Fachleute preisen den digitalen
Wurm bereits als das raffinierteste Spähprogramm in der
Computergeschichte - und er breitet sich weiter aus. Das Atomkraftwerk
Buschehr soll jedoch ungeachtet der Cyber-Attacke den Betrieb aufnehmen.
Im Iran sind weitere Varianten des gefährlichen Computervirus'
Stuxnetauf Rechnern in Industrieanlagen aufgetaucht. "Drei neue
Versionen sind aufgetreten,seit wir mit den Säuberungsmaßnahmen begonnen
haben", sagte der Vizechef derstaatlichen Behörde für
Informationstechnologie, Hamid Alipur, laut NachrichtenagenturIrna. "Wir
überwachen und kontrollieren die Entwicklung des Virus", sagteAlipur. Er
warnte davor, dass Computer selbst dann von dem Virus infiziert
werdenkönnten, wenn sie nicht mit dem Internet verbunden seien.
Im Juni wurde die Stuxnet-Attacke im Iran bemerkt. Rund 30.000
Rechnersind nach Angaben des Industrieministeriums inzwischen betroffen.
Demnach greiftdas Virus vor allem vom Siemens-Konzern entwickelte
Kontrollsysteme an, verursachteaber keine "ernsthaften Schäden" in den
betroffenen Industrieanlagen.
Stuxnet dringt in Systeme ein, die Industrieanlagen, Kraftwerke undauch
Ölpipelines und -plattformen steuern. Informationen über das Virus waren
inden vergangenen Monaten mehrfach in den Medien aufgetaucht. Nach
Angaben der "FinancialTimes" vom Freitag ist es das erste Virus, das
nicht nur solche Computersystemelahmlegt, sondern gezielt zerstört. Den
Angaben zufolge sind von Stuxnet auch Rechnerin Indien, Indonesien und
Pakistan betroffen.
Buschehr soll ans Netz gehen
Kontrollraum des Atomkraftwerks in Buschehr.
(Foto: REUTERS)
Ungeachtet der Cyber-Attacke durch den Computer- Schädling Stuxnetsoll
das Atomkraftwerk Buschehr im Süden des Irans wie geplant den Betrieb
aufnehmen.Irans Atomchef Ali-Akbar Salehi sagte am Montag der
Nachrichtenagentur Mehr, dassder Reaktor binnen weniger Tage mit
Brennstäben beladen wird und im November ansNetz geht. Der Reaktor soll
dann im März seine Maximalleistung von 1000 Megawatterreichen. Nach
Meinung eines deutschen IT-Experten kann der Virus zwar schwerenSchaden
anrichten, nicht aber die Kernsysteme eines Atomkraftwerks außer
Betriebsetzen.
Nach Bekanntwerden der Cyber-Attacke auf Computer von Industrie-und
Atomanlagen im Iran hatte der Leiter der Anlage Bushehr, Mahmud
Dschafari, amSonntag betont, dass es keine Probleme mit dem
Computersystem des Werks selbst gebe.Es seien "Personalcomputer einiger
Angestellter" durch den Virus beschädigtworden. Ein IT- Sicherheitsteam
sei vor Ort, um die Rechner zu inspizieren und dieTrojaner zu entfernen.
Dschafari äußerte sich aber nicht dazu, warum ein hoch
qualifiziertesIT-Sicherheitsteam nach Buschehr entsandt wurde, wenn es
sich nur um Viren in PCsder Angestellten handelt, die mit dem Kraftwerk
selbst angeblich nichts zu tun haben.
Darüberhinaus haben mehrere Ministerien inzwischen eine
gemeinsameArbeitsgruppe gebildet, um den "Spionage-Virus" zu bekämpfen,
hieß esin iranischen Medien. Auch die iranische Atomenergieorganisation
hatte in der Vorwochein Buschehr nach Wegen gesucht, den Trojaner
loszuwerden. Die iranische Presse sprichtinzwischen von einem
"Cyber-Krieg".
AFP/dpa