Quantencomputer werden resistenter
gegen Informationsverlust
Neuer Aufbau mit Quantenbit-Ensemble und
zusätzlichem Teilchen zur Messung helfen bei der Fehlerkorrektur
Innsbruck – Von Quantencomputern erhoffen sich
Wissenschafter den nächsten großen Sprung in der Computerentwicklung. Im
Unterschied zu klassischen Rechnern, die auf binäre Operationen mit 0
und 1 setzen, beruht ein Quantencomputer auf der Verwendung von
Quantenbits, also quantenmechanischen Zuständen, die nicht nur 0 oder 1
für sich, sondern auch beide Zustände gleichzeitig einnehmen können
("Superposition"). Hinzu kommt, dass mehrere Qubits in einer Art
"Fernwirkung" miteinander verschränkt werden können.
Die neu entwickelten Methoden sorgen dafür,
dass der Verlust von einzelnen Qubits den Quantencomputer nicht aus dem
Tritt bringt.
Illustr.: Uni Innsbruck/Harald Ritsch
Komplexe Fehlerkorrektur
Wie auch bei herkömmlichen Computern können
beim Quantencomputer Rechenfehler passieren. Die Fehlerkorrektur bei der
auf fragilen Quantenzuständen basierenden Technologie ist allerdings
diffizil. Innsbrucker Forscher haben nun einen Ansatz entwickelt, bei
dem auch der Verlust von Information ausgeglichen werden kann.
Den Effekt der Fernwirkung kann man nutzen, um
bestimmte Berechnungen schneller durchzuführen. Wird ein Zustand jedoch
gemessen, geht der Überlagerungszustand verloren, weshalb die Physiker
Tricks anwenden müssen, um die Information doch noch zu extrahieren.
Beim quantenphysikalischen System, auf das die Innsbrucker Physiker
setzen, handelt es sich um gefangene Ionen.
Wenn Qubits verloren gehen
Da diese Informationsträger sehr anfällig auf
Störungen von außen sind, können diverse Fehler im Qubit auftreten. Mit
solchen Problemen, bei denen die Informationseinheit prinzipiell noch
vorhanden ist, können Forscher mittlerweile schon recht gut umgehen. In
einigen Fällen kommen Qubits aber auch einfach abhanden, indem
tatsächlich Ionen verloren gehen oder die Einheiten komplett in
unerwünschte Energiezustände übergehen, erklärte Roman Stricker vom
Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck.
Ein Verlust des Qubits stellt die
Wissenschafter vor fundamentale Probleme und ist daher gerade "ein
großes Thema". Das Team um Stricker und Rainer Blatt, sowie Theoretiker
aus Deutschland und Italien, haben sich dieser Frage nun mit "logischen
Qubits" angenähert. "Die Idee ist, mehrere physikalische Qubits – also
Ionen – zu nehmen, und sie in ein großes Qubits zu verpacken", sagte
Stricker.
Ersatz-Ionen behalten Informationen
Im Fall des neuen Ansatzes, der experimentell
in Innsbruck bereits überprüft wurde, besteht das logische Qubit aus
vier Ionen. Stricker: "Auf einem haben wir dann künstlich einen Verlust
induziert." In weiterer Folge konnten die Physiker zeigen, dass auch das
nur noch aus drei Ionen bestehende Ensemble immer noch die Eigenschaften
des ursprünglichen logischen Qubits besitzt. "Wir können dann mit der
gleichen Information wie zu Beginn weitermachen", erklärte der Erstautor
der im Fachjournal "Nature" erschienenen Arbeit.
Der Trick dabei ist, überhaupt verlässlich
nachzuweisen, dass ein Ion verloren geht, ohne mit einer direkten
Messung den gemeinsamen Überlagerungszustand zu zerstören. Um dies zu
realisieren, führten die Wissenschafter ein zusätzliches Ion ein, das
nicht direkt Teil des logischen Qubits ist, mit diesem aber über den
bizarren Quanteneffekt der "Verschränkung" in Verbindung steht. "Wir
können dann die Information, ob wir einen Qubit-Verlust haben oder
nicht, auf dieses zusätzliche Qubit hinüberschreiben. Und das können wir
dann auslesen", sagte Stricker.
Nach den nunmehrigen Tests in einem kleinen
System könnten in Zukunft durchaus noch mehr Qubits in einem logischen
Qubit integriert werden, zeigte sich der Forscher überzeugt. Das würde
Quantencomputer insgesamt resistenter gegenüber Fehlern, inklusive dem
gefürchteten Informationsverlust machen. (red, APA, 10.9.2020)
https://www.derstandard.at/story/2000119905412/quantencomputer-werden-resistenter-gegen-informationsverlust
klassische Mathematik
1 + 1 = 2
Quantencomputer 1 + 1 =
{ 0: 1; 2; 3; 4; oder ? }