Bill, Du kannst laut sprechen, wir sind im Zelt |
"Wir sind ein Ziel"Obamas Anti-Spy-Zelt
- Ein abhörsicheres Zelt im Hotelzimmer -
Auch die politischen Spitzen der USA werden ausspioniert - davon gehen
sie zumindest aus. Im Ausland versucht US-Präsident Obama daher, seine
Kommunikation zu schützen. Mit einem Zelt.
US-Präsident Obama im Zelt in Rio de Janeiro. Bei der Besprechung ging
es um die Luftangriffe auf Libyen.(Foto: Pete Souza / White House)
Wann immer US-Präsident Barack Obama ins Ausland reist, hat er ein Zelt
in Tarnfarben dabei. Nicht um darin zu wohnen, sondern um darin zu
telefonieren, Akten zu lesen oder sich mit seinen Mitarbeitern zu
besprechen. Das Zelt, über das die "New York Times" in ihrer
Wochenendausgabe berichtete, ist Teil der amerikanischen
Sicherheitsvorkehrungen gegen Spionage.
Auch bei Reisen in befreundete Nationen wird dieses Sicherheitszelt in
einem Hotelzimmer nahe der von Obama bewohnten Suite aufgebaut. Das Zelt
schirmt nicht nur visuell vor Kameras ab, es soll sogar das Abhören von
Gesprächen unmöglich machen. Ähnliche Sicherheitsvorkehrungen gebe es
für die Auslandsreisen von Mitgliedern des Kongresses, Diplomaten und
US-Militärs, heißt es in dem Bericht, "weil es allgemein bekannt ist,
dass ihre Gastgeber keine Hemmungen haben, ihre Gäste auszuspionieren".
Die "New York Times" hat für ihren Artikel nach eigenen Angaben mit mehr
als einem Dutzend ehemaliger und aktueller Mitarbeiter und Mitgliedern
der Regierung gesprochen. Man kann deren Bereitschaft, sich zu dem Thema
zu äußern, als Teil einer amerikanischen PR-Offensive verstehen: Seht
her, nicht nur wir spionieren die Welt aus, wir sind auch Ziel von
Spionage! Diese Botschaft hatte bereits US-Geheimdienstdirektor James
Clapper bei einem Auftritt vor dem Geheimdienst-Komitee des
Repräsentantenhauses Ende Oktober im Gepäck. Auf die Frage, ob
Verbündete der USA auch US-Politiker ausspionierten, sagte er:
"Absolut." Ähnlich äußerte sich NSA-Chef Keith Alexander.
USA blockieren beim No-Spy-Abkommen
In der "New York Times" wird diese Position von Ex-CIA-Chef James
Woolsey wiederholt. "Egal wo wir sind, wir sind ein Ziel", sagte er.
Deutsche Geheimdienste bestreiten allerdings, Vertreter der USA zu
bespitzeln. "Eine Aufklärung der Regierung der Vereinigten Staaten von
Amerika findet nicht statt. Etwaige zufällige Erfassungen durch unsere
technischen Systeme werden gelöscht", sagte BND-Präsident Gerhard
Schindler vor zwei Wochen der "Bild"-Zeitung.
Bislang stehen daher allein die USA und die mit ihnen verbündeten Briten
wegen der exzessiven Erfassung aller möglichen Kommunikationsdaten in
der Kritik. In dieser Woche soll ein von Obama eingesetztes Gremium
einen vorläufigen Untersuchungsbericht zur Praxis der US-Geheimdienste
vorlegen. Der "Spiegel" meldet unterdessen, dass es das
Anti-Spionage-Abkommen mit den USA in der von Deutschland gewünschten
Form nicht geben wird. Dem Magazin zufolge halten die Amerikaner
lediglich eine vage Übereinkunft für denkbar.
"Ich fühlte mich wie im Wald"
Seit wann genau das Zelt benutzt wird, ist laut "New York Times" unklar.
Einer der ersten, der ein Zelt auf seine Auslandsreisen mitgenommen hat,
soll Ex-CIA-Chef George Tenet gewesen sein. Tenet sei von US-Präsident
Bill Clinton als Unterhändler in den Nahen Osten geschickt worden, sagte
ein früherer Mitarbeiter der "New York Times". Die CIA habe vor allem
darauf bestanden, dass Tenet das Zelt in Israel - einem engen
Verbündeten der USA - benutzt, da das Land über hochmoderne
Spionage-Software verfüge. "Wir machten uns vor allem Sorgen, wenn
unsere israelischen Gastgeber Hotelzimmer für uns im (Jerusalemer) King
David reservieren wollten", sagte der ehemalige Tenet-Mitarbeiter.
Ein früherer hochrangiger US-Diplomat, der selbst geheime Dokumente
unter dem Schutz dieser Zelte gelesen hatte, sagte der Zeitung, sie
seien weitaus weniger ansprechend als die Sechs-Mann-Zelte, die man beim
Camping-Ausstatter bekomme. "Ich fühlte mich, als sei ich mitten im
Wald, aber ich war nur in einem Hotelzimmer", sagte er.
Für weniger wichtige Mitarbeiter hat die US-Regierung kein Zelt, sondern
kleine Einrichtungen von der Größe einer Telefonzelle. "Wir handeln in
dem Bewusstsein, dass alles, was wir mit einem Mobiltelefon oder einem
Blackberry machen, wahrscheinlich von jemandem irgendwo gelesen wird,
oder von vielen jemanden", zitiert die "New York Times" einen
hochrangigen US-Diplomaten.
Quelle: n-tv.de , hvo
http://www.n-tv.de/politik/Obamas-Anti-Spy-Zelt-article11700596htmll