Riesiger
Satellitenprototyp stört Astronomen mit seiner Helligkeit
Riesiger Satellitenprototyp stört Astronomen mit
seiner Helligkeit
Die 64 Quadratmeter große Antenne des bisher
größten Kommunikationssatelliten soll Breitbandkommunikation
ermöglichen, ist aber ein Problem für irdische Teleskope
Es wird langsam eng im leeren Raum. So
ließe sich die Entwicklung im erdnahen Weltraum derzeit zusammenfassen.
Über 20.000 menschengemachte Objekte befinden sich derzeit in der
Erdumlaufbahn, Tendenz stark steigend. Nicht alle sind bekannt, viele
Spionagesatelliten sind nirgendwo dokumentiert. Politische Machtkalküle
verschärfen den Platzmangel im Weltraum zusätzlich. Allein das
US-amerikanische Satellitennavigationssystem GPS besteht aus mindestens
24 Satelliten, wobei üblicherweise 31 im Einsatz sind. Europa, Russland
und China haben ihre eigenen Systeme mit ähnlich vielen Bestandteilen.
Indien und Japan betreiben kleinere Satellitennetzwerke.
Bei der Satellitenkommunikation könnte
sich ein ähnliches Szenario nun wiederholen – will doch die EU beginnen,
ein Konkurrenzsystem zu dem von Space X lancierten Starlink zu
etablieren, das bereits 2027 einsatzfähig sein soll. Starlink hat
bereits jetzt über 3.000 Satelliten im All, mit Option für Tausende
mehr.
Zwar gibt es auch im All genaue
Regelungen, welche Objekte wo platziert werden dürfen – vergleichbar mit
Funklizenzen auf der Erde –, damit sich die Satelliten nicht in die
Quere kommen. doch die schiere Menge führt zu neuen Problemen. Laut
Fachleuten sollen in den nächsten Jahren insgesamt bis zu 100.000 neue
Satelliten dazukommen, einer von 15 am Himmel sichtbaren Lichtpunkten
könnte dann von einem künstlichen Flugobjekt stammen.
Eine Falcon-9-Rakete bringt einen neuen
– und durchaus problematischen – Satelliten in seine Umlaufbahn.
Lichtverschmutzung im All
Nachdem immer wieder vor den zunehmenden Gefahren
durch Weltraumschrott gewarnt wird, könnte das Licht selbst zum Problem
werden. Im September brachte eine Falcon-9-Rakete des
Weltraumunternehmens Space X einen Satelliten mit Namen Blue Walker 3 in
den Erdorbit. Es handelt sich um den Prototypen eines neuartigen
Kommunikationssatelliten, den das Unternehmen AST Space Mobile
entwickelt hat. Seit dem Entfalten der 64 Quadratmeter großen Antenne
hat sich seine Helligkeit vervierzigfacht.
Die Antenne ist die bisher größte, die
sich an einem Satelliten befindet; größer als jene der
Starlink-Satelliten. Wie diese soll sie Breitbandkommunikation
ermöglichen, allerdings ohne ein zwischengeschaltetes Empfangsgerät.
Stattdessen erfolgt die Kommunikation direkt mit Mobiltelefonen.
Für die Astronomie ist das ein
unerwartetes Problem, wie das Journal "Science" nun berichtet. Zwar gab
es schon bisher Probleme mit Lichtverschmutzung, wird dort der Astronom
John Barentine zitiert, doch: "Das fühlt sich grundlegend anders an."
Man betrete neues Territorium.
Geht es nach den Plänen des
Unternehmens, soll das eigentliche Kommunikationssystem aus 168 noch
größeren Satelliten bestehen. Zwar gibt es deutlich hellere
menschengemachte Objekte am Himmel, allen voran die Internationale
Raumstation ISS, die sogar 40-mal heller ist als Blue Walker 3. Doch die
Bahn der ISS ist genau dokumentiert und kann live abgerufen werden, was
bei der Planung astronomischer Beobachtungen hilft. Ein
Informationsaustausch zwischen dem Unternehmen und den Forschenden steht
allerdings noch aus. Es gebe immer noch viele Firmen, die noch nicht auf
ihre Anfragen geantwortet hätten, klagen die Astronominnen und
Astronomen.
Die ISS ist eines der hellsten Objekte
am Himmel. Ihre Position wird mit Forschungsgruppen in aller Welt
geteilt, um astronomische Beobachtungen danach auszurichten.
Radiowellen als Problem
Künftig will das Unternehmen mit neuen
reflexionsarmen Materialien experimentieren, um die Auswirkungen für die
Astronomie so gering wie möglich zu halten. Doch die Reflexion von
Sonnenlicht ist nicht das einzige Problem. In bestimmten Regionen der
Erde gelten strenge Richtlinien für das Senden von Radiosignalen. Das
ist wichtig für Radioobservatorien. Im Weltraum gelten solche
Einschränkungen nicht.
"Aus der Sicht der Radioastronomie sollte solche
Technologie gar nicht angewandt werden", sagt Radioastronom Harvey Liszt
im Hinblick auf die direkte Kommunikation von Satelliten mit
Mobiltelefonen. Ein Einspruch von ihm und anderen Forschenden bei der
US-Kommunikationsbehörde FCC konnte eine Lizenz für Blue Walker 3 als
experimentelles Instrument nicht verhindern. Für eine größere
Satellitenflotte steht die Genehmigung aber noch aus.
Das Starlink-Kommunikationssystem setzt auf eigene
Kommunikationsgeräte, die Signale der Satelliten verarbeiten. Das neue
System des Unternehmens AST Space Mobile soll direkt mit Handys
verwendbar sein, was ein Problem für die Radioastronomie darstellt.
https://www.derstandard.de/story/2000140982015/riesiger-satellitenprototyp-stoert-astronomen-mit-seiner-helligkeit