Deutsche Telekom mit 5G-Hardware von Nokia unzufrieden
Finnland - NOKIA
Telekommunikation
Deutsche Telekom mit 5G-Hardware von Nokia unzufrieden
Interne Dokumente: Telekom setzt den finnische Netzwerkausrüster
zunehmend unter Druck
7. Februar 2020, 09:54
Nokia würde gerne auch bei 5G zum Zug kommen.
Foto: Yves Herman / REUTERS
Der Deutschen Telekom gehen auf der Suche nach guten und zuverlässigen
Ausrüstern für den Aufbau des 5G-Mobilfunknetzes offenbar die
Alternativen aus. Der chinesische Zulieferer Huawei steht unter
Spionageverdacht und wird vielleicht von Staats wegen vom Aufbau der
wichtigen Infrastruktur ausgeschlossen.
Dazu gibt es auch noch Qualitätsprobleme beim finnischen
Netzwerk-Ausrüster Nokia, wie aus Dokumenten der Deutschen Telekom
hervorgeht, die Reuters vorliegen. Doch weil ansonsten eigentlich nur
noch der schwedische Ericsson-Konzern als Zulieferer übrig bliebe, will
die Deutsche Telekom Nokia noch eine Chance geben. Einem Insider zufolge
hat sie die Finnen aufgefordert, ihre Leistungen zu verbessern, um ihre
Chancen auf Aufträge beim Bau des neuen Netzes zu wahren.
Basis
Die Deutsche Telekom hat Nokia bereits als Ausrüster für ihre Funknetze
bis auf eine Ausnahme in allen Märkten Europas fallen lassen, laut einem
Insider und Dokumenten, die von Managern des Einkaufsteams der Telekom
für interne Treffen und Gespräche mit Nokia zwischen Juli und November
2019 erstellt wurden. Begründet wird das damit, dass Nokia in der
Vergangenheit die schlechtesten Leistungen aller Ausrüster gezeigt habe.
Mit diesem Befund wurde Nokia-Chef Rajeev Suri bei einem Treffen im Juli
konfrontiert. Nokia "muss zulegen", heißt es in einer Unterlage zu dem
Treffen. Im November gab es dann Zusicherungen von Nokia, wie aus einer
weiteren Notiz hervorgeht.
Die Deutsche Telekom will sich nun zügig entscheiden: Nach der
Branchen-Messe in Barcelona Ende des Monats soll dem Vorstand dem
Insider und den Dokumenten zufolge eine aktualisierte Strategie
vorgelegt werden, welche Anbieter nun Ausrüstung für das 5G-Netzwerk
liefern sollen.
Das Huawei-Problem
In der Vergangenheit hatte die Telekom beim Aufbau ihrer Netze in
Deutschland auf Nokia und Huawei gesetzt. Antennen und Basis-Stationen
für das Mobilfunk-Netz stammten zu gleichen Teilen von den Konzernen.
Qualitätsprobleme bei den Finnen sorgten dann dafür, dass ihr Anteil an
den Ausgaben für die deutschen Netze auf 30 Prozent schrumpfte. Ende
2017 brachte der deutsche Konzern Ericsson ins Spiel. Im vergangenen
Jahr wurde drei Insidern zufolge erwogen, Huawei als Hauptlieferant zu
behalten. Rund 70 Prozent der Investments für das 5G-Netzwerk sollten an
die Chinesen fallen, 30 Prozent an Ericsson. Das jährliche
Einkaufsvolumen bei Nokia in Europa und den USA halbierte sich zwischen
2016 und 2018, wie die Dokumente zeigen.
Doch dieser Lieferantenaufteilung machte die Debatte um Huawei einen
Strich durch die Rechnung. Dem weltgrößten Telekom-Ausrüster wird eine
zu große Nähe zur kommunistischen Regierung in Peking vorgehalten.
Kritiker sehen durch die Technik des Konzerns Möglichkeiten für Spionage
und Sabotage. Das Unternehmen hat das immer wieder zurückgewiesen. Die
Huawei-Technik gilt als gut und ist meist günstiger als die der
Konkurrenz. Die deutsche Regierung hat noch keine Entscheidung gefällt,
ob Huawei in Deutschland wie in den USA von Verträgen zum 5G-Aufbau
wegen der Sicherheitsbedenken ausgeschlossen werden soll. Die Deutsche
Telekom hatte im Dezember Gespräche mit Huawei über die Lieferung von
Ausrüstung für die 5G-Netze ausgesetzt.
Deshalb wird es für die Deutsche Telekom schwer, Nokia die kalte
Schulter zu zeigen. Der Konzern würde immer stärker abhängig von der
einzigen europäischen Alternative – dem schwedischen Ausrüster Ericsson.
"Wie wir schon oft gesagt haben, verfolgen wir eine
Mehr-Zulieferer-Strategie, um uns nicht auf einen einzigen Anbieter
verlassen zu müssen. Das ist ein grundlegendes Element unserer
Sicherheitsphilosophie", erklärte die Telekom. Im Oktober sprach sich
deshalb den Dokumenten zufolge die Telekom-Spitze dafür aus, Nokia eine
weitere Chance zu geben. Man brauche Nokia als Wettbewerber für Ericsson
für den Fall "geopolitischer Entwicklungen", hieß es damals in einer
Präsentation – ein möglicher Hinweis auf den Streit um Huawei. Der
südkoreanische Konzern Samsung, ein Newcomer auf dem Markt, könne
höchstens mittelfristig eine Rolle spielen.
"Als einer der wichtigen europäischen Hersteller ist Nokia für uns von
strategischer Bedeutung", betonte ein Deutsche-Telekom-Sprecher. "Aber
einzelne Vertragsbeziehungen und strategische Einkaufsentscheidungen
werden wir wie auch in der Vergangenheit nicht öffentlich kommentieren."
Nokia-Chef Suri wollte sich nicht konkret äußern. Am Rande der
Bilanz-Pressekonferenz sagte er zu Reuters, das Verhältnis zur Deutschen
Telekom sei stark. "Sie sind einer unserer bedeutendsten Kunden in
Europa und den USA." (Reuters, 7.2.2020)
https://www.derstandard.at/story/2000114279061/deutsche-telekom-mit-5g-hardware-von-nokia-unzufrieden