Deutschlands neuer Mobilfunk : 5G-Netzausbau
wird "unfassbar teuer"
Wirtschaft
Der 5G-Mobilfunkstandard benötigt sehr viel mehr Masten: Wer bezahlt den
Netzausbau?
(Foto: picture alliance / dpa)
Donnerstag, 20. September 2018
Deutschlands neuer Mobilfunk
5G-Netzausbau wird "unfassbar teuer"
Mobil auf dem Land ins Internet? Was in vielen Staaten längst Alltag
ist, klingt in Teilen Deutschlands noch immer wie Zukunftsmusik. Dabei
gilt der flächendeckende Netzausbau per 5G-Standard als Schlüssel zur
Digitalisierung - und Garant für Arbeitsplätze.
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Superschnelle Datenverbindungen, stabile Bandbreiten, verlässlicher
Netzzugang: Wer in Deutschland außerhalb der Städte und Metropolregionen
zum Smartphone greift, hat vielerorts noch mit eklatanten Lücken in der
Netzanbindung zu kämpfen. Jüngsten Zahlen der großen Mobilfunkanbieter
Telekom, Vodafone und Telefonica zufolge gibt es zwar erkennbare
Fortschritte bei der sogenannten LTE-Netzabdeckung. Doch selbst mit der
geplanten Einführung des neuen Mobilfunkstandards 5G droht Deutschland
weiter den technischen Möglichkeiten beim Ausbau der digitalen
Infrastruktur hinterherzuhinken.
Video
17.09.18 – 01:18 min
Streit um 5G-Netz
Unternehmen bangen um Deutschlands digitale Zukunft
Hoffnungen auf ein flächendeckendes Angebot des neuen
5G-Mobilfunkstandards erteilte Kanzleramtschef Helge Braun eine Absage.
Ein solches Versprechen sei weder "bedarfsgerecht noch realistisch",
sagte Braun. Das "ist so unfassbar teuer". Zugleich betonte er mit Blick
auf die Vorgänger-Technologie: "Wir müssen eine Flächendeckung bei 4G
erreichen. Da sind wir uns alle einig."
In Deutschland gehen Smartphones derzeit idealerweise noch über
LTE-Verbindungen ins Netz. Der LTE-Funk der vierten Mobilfunkgeneration
(4G) ist der aktuell schnellste kommerziell eingesetzte
Übertragungsstandard. In Vorbereitung ist mit 5G eine noch schnellere
Technik - entsprechende Frequenzen sollen Anfang 2019 versteigert
werden, 5G-Mobilfunkverträge kommen dann wohl 2020 auf den Markt.
Telemedizin und Jobs auf dem Land
Die Fragen zum Netzausbau betreffen längst nicht mehr nur die großen
Mobilfunkbetreiber und ihre Kunden. An der Einführung der neuen,
verbesserten Datenübertragung hängt eine ganze Reihe von
Schlüsseltechnologien der Digitalisierung, die letztlich über Wohl und
Wehe der deutschen Wirtschaft entscheiden könnten. Der neue 5G-Standard
soll unter anderem auch den Weg für autonome Fahrsysteme ebnen, mit
denen die deutsche Automobilindustrie Pkws und Nutzfahrzeuge fit für die
Zukunft machen will. Eine schnelle Netzanbindung könnte zudem dem Trend
zur Verstädterung entgegenwirken und neue Arbeitsplätze in
strukturschwachen Regionen schaffen.
Daneben bestehen große Hoffnungen für Anwendungen in der Telemedizin, in
der digitalen Warensteuerung, virtuelle Konferenzen und im Bereich der
sogenannten Industrie 4.0, dem "Internet der Dinge". Voraussetzung für
den Aufbau dieser neuen Geschäftsfelder ist allerdings ein
Mobilfunknetz, das riesige Datenmengen verzögerungs- und störungsfrei
verarbeiten und auch in weniger dicht besiedelte Regionen übertragen
kann. Nur so, heißt es, ist die geplante Vernetzung von Milliarden von
Geräten, Fahrzeugen und Anwendern überall in Deutschland möglich.
Der Beirat der Bundesnetzagentur wird zu Beginn kommender Woche über den
Entwurf für die im Frühjahr anstehende 5G-Frequenzauktion beraten. Eine
endgültige Entscheidung über die Bedingungen soll im November fallen.
"Die Vorgaben sind technologieunabhängig, aber wir schreiben bestimmte
Bandbreiten vor. Da müssen wir noch ein bisschen diskutieren", sagte
Braun.
Datenfunk für Autos
Spitzenvertreter der deutschen Wirtschaft rufen die Bundesregierung dazu
auf, eine flächendeckende Datenversorgung in Deutschland
sicherzustellen. Den großen Automobilkonzernen geht es dabei vor allem
um den Aufbau des verlässlichen Netzzugangs für autonom fahrende Autos.
Doch auch Bahn-Betreiber, Handelsunternehmen oder Logistiker wie die
Deutsche Post warten auf geeignete Rahmenbedingungen, um mit digitalen
Lösungen an den Start zu gehen.
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5G ist wie LTE auf Speed
Der Verband der Automobilindustrie sprach sich zuletzt dringend für
einen umfassenden 5G-Ausbau in der Fläche und auch abseits der großen
Städte aus. Die Bereitstellung der erforderlichen Infrastruktur sehen
viele Wirtschaftsverbände als Kernaufgabe des Staates. Zuletzt hatte
Volkswagen-Chef Herbert Diess im "Handelsblatt" erklärt: "Automobile
werden voll vernetzt und damit schon bald echte Internet-Devices. Dafür
ist ein schnelles und flächendeckendes 5G-Netz Voraussetzung."
"Eine rasche und möglichst flächendeckende Bereitstellung von 5G als
schnelles, breitbandiges und zuverlässiges mobiles Datennetzwerk ist für
die Zukunft in der Automobilindustrie ein Faktor von zentraler
Bedeutung", bestätigte Continental-Chef Helmut Matschi. Der
Autozulieferer muss dabei allerdings wie die Hersteller noch auf
konkrete Planungszusagen warten.
Telekom: "Ohne uns funktioniert nichts"
Im Zentrum der Debatte stehen angesichts der bevorstehenden 5G-Auktion
zunächst die Mobilfunkanbieter. "Ohne uns – ohne die Infrastruktur –
funktioniert nichts in der digitalen Welt", sagte Telekom-Chef Timotheus
Höttges laut "Handelsblatt" auf der Digitalmesse Dmexco in Köln.
Konkrete Zusagen zu den Ausbauverpflichtungen der Netzbetreiber gibt es
bislang allerdings nicht.
Beim 4G-Netzausbau ist die Deutsche Telekom dagegen fast schon am Ziel:
Die Netzbetreiber haben sich bei der Auktion von Mobilfunk-Frequenzen
2015 verpflichtet, bis spätestens Ende 2019 bei einer LTE-Abdeckung von
mindestens 98 Prozent zu liegen. Maßgeblich ist hier die Bevölkerung und
nicht die Gesamtfläche - Funklöcher fernab der Städte sind also auch
künftig möglich.
Quelle: n-tv.de , mmo/dpa/rts
https://www.n-tv.de/wirtschaft/5G-Netzausbau-wird-unfassbar-teuer-article20632687htmll