5G im Jahr 2021: Die Revolution lässt weiter auf sich warten
5G im Jahr 2021: Die Revolution lässt weiter auf sich warten
Rund um mmWave ist deutliche Ernüchterung eingetreten. Unterdessen macht
das restliche 5G-Netz in Österreich durchaus erfreuliche Fortschritte
5G findet rasche Verbreitung.
Eines muss man den österreichischen Mobilfunkern lassen: Zumindest im
städtischen Bereich ist die 5G-Versorgung im vergangenen Jahr deutlich
besser geworden. Die Zahl der mit der aktuellsten Mobilfunkgeneration
ausgestatteten Sendemasten hat stark zugenommen, sodass man nun etwa
nicht mehr ans andere Ende der Stadt fahren muss, um dieses
geheimnisvolle 5G irgendwo zu finden. Gleichzeitig ist aber auch etwas
anderes unübersehbar: Die große Revolution, als die 5G dereinst
vollmundig von einer ganzen Industrie angekündigt wurde, sucht man
bislang vergebens.
Versprechen trifft Realität
Zur Erinnerung: Aus den Begriffen, die von Mobilfunkern und
Hardwareherstellern im Vorfeld herumgeworfen wurden, hätte man ein
veritables Buzzword Bingo bauen können. Eine Prise Virtual Reality hier,
ein bisschen autonomes Fahren dort, und zum Drüberstreuen auch noch so
manche Vision von Operationen über das Internet. Das vieles davon rein
logisch wenig Sinn ergibt, störte dabei niemanden, auch kritische
Nachfragen brachten Industrievertreter nicht ins Stocken. Der Hype
wollte schließlich gepflegt werden.
Langweilig verkauft sich nicht gut
Dabei könnte man derzeit eigentlich ganz zufrieden sein: Immerhin hat
das Thema 5G in den vergangenen Monaten deutliche Fortschritte gemacht.
Das wäre einmal der Umstand, dass mittlerweile viele aktuelle
Smartphones mit einem 5G-Modem ausgestattet sind. Klar: Beim
Akkuverbrauch und zum Teil auch bei der Frequenzabdeckung gibt es noch
so manchen Verbesserungsbedarf. Trotzdem ist die Smartphone-Industrie
als Ganzes mit beeindruckender Geschwindigkeit vorgegangen. Selbst
Apple, dass sich bei solchen Innovationen sonst schon einmal etwas
länger Zeit lässt, ist mit dabei.
Vor allem aber: Auch beim Netzausbau gibt es wie schon erwähnt deutliche
Fortschritte. So spricht Magenta auf Anfrage des STANDARD mittlerweile
von 1.350 Standorten in 1.000 Gemeinden. Zum Vergleich: Vergangenen Juni
lag dieser Wert noch bei bescheidenen 145. Damit werde bereits ein
Drittel der Bevölkerung vom eigenen Netz abgedeckt, rechnet Magenta vor.
Ähnlich positive Wert kann A1 nennen, wo gar von 1.500 Sendern und fast
der Hälfte der österreichischen Bevölkerung die Rede ist.
Auf dem Land
Natürlich spielt sich all das vor allem in den großen Städten ab,
während es große Regionen gibt, wo es bislang keine Spur vom 5G-Netz
gibt. Trotzdem: Der Trend ist ein positiver. Und auch im ländlichen Raum
tut sich langsam etwas. So verspricht "3" im kommenden Jahr "mehr als
700 (735 Katastralgemeinden) bisher unterversorgte ländliche Gemeinden
mit superschnellem Internet (zu) versorgen". Bei A1 will man gar bis
2023 eine flächendeckende Abdeckung mit 5G erzielen.
Ein wichtiger Schritt für die 5G-Zukunft wird dabei jenes
700-Mhz-Spektrum spielen, das vergangenen Herbst versteigert wurde. Die
vergleichsweise niedrige Frequenz hat nämlich zur Folge, dass ein
solches Netz besonders gute Ausbreitungseigenschaften hat. Anders
gesagt: Die Reichweite ist deutlich besser als bei den bisher genutzten
5G- oder auch 3G- und 4G-Frequenzen. Das bedeutet, dass auch entfernte
Täler künftig eine Mobilfunkanbindung haben sollen – und ebenfalls nicht
zu unterschätzen: Auch innerhalb von Gebäuden soll so der Empfang besser
werden. Einen ersten Standort im 700 MHz-Bereich hat Magenta gerade erst
in Betrieb genommen.
Geschwindigkeit ist relativ
Etwas schwieriger wird die Beurteilung, wenn man über das Thema
Geschwindigkeit spricht. So verweisen die Mobilfunker unisono darauf,
dass 5G flotter als LTE ist. Das stimmt – ist aber gleichzeitig auch
gleich in mehrerlei Hinsicht irreführend. Immerhin muss man derzeit noch
immer ganz schön tief in die Tasche greifen, wenn man einen flotten
5G-Tarif haben will. Und der Vergleich mit LTE geht auch nur deswegen
auf, weil dessen Geschwindigkeit in österreichischen Netzen
üblicherweise auf ein ziemlich überschaubares Niveau beschränkt ist –
deutlich unter dem, was technisch möglich wäre. Die gesteigerten
Geschwindigkeiten sind insofern vor allem auf eine generelle
Kapazitätausweitung der Netze zurückzuführen.
MIt 5G hat das nur indirekt zu tun, und vor allem nicht in jenem Ausmaß,
mit dem die Technologie einst gehypt wurde. Das soll diese Entwicklung
nicht schlechtmachen, sie ist erfreulich, keine Frage. So spricht
Magenta etwa davon, dass in Städten künftig 100 MBit/s Standard sein
sollen – mit Spitzen bis zu 1 GBit/s. Das ist toll, aber es ist eben
"Evolution", und nicht jene "Revolution", als die es angepriesen wurde.
mmWave
Was bei all dem nicht vergessen werden darf: 5G ist genaugenommen eine
Sammelsurium verschiedener Frequenzen und Technologien. Und ein guter
Teil der getätigten Versprechen waren auf ein Thema gemünzt, das in
Österreich in Wirklichkeit noch keines ist: mmWave soll durch besonders
hohe Frequenzen erst diese extrem niedrigen Latenzen und
Geschwindigkeiten ergeben, von denen die Ersteller so mancher
Werbe-Powerpoint-Folien träumen.
30 GHz entspricht 10 mmWave, 5G verwendet aber 3,6 GHz
Auf dieses Thema angesprochen, geben sich die österreichischen
Mobilfunker allerdings mittlerweile reichlich zurückhaltend. Bei A1
betont man zwar generelles Interesse an dem Thema, verweist aber schnell
auf den Einsatz in urbanen Hotspots und generell für Orte, wo sehr hohe
Kapazitäten gefragt sind.
Bei Magenta wird man auf Nachfrage noch deutlicher: Man sehe keinen Sinn
darin, mmWave flächendeckend anzubieten. Aufgrund der sehr schlechten
Ausbreitungseigenschaften sei dies vor allem für Spezialanwendungen wie
große Events oder auch am Flughafen interessant. Zudem verweist die
Firma darauf, dass derzeit überhaupt noch keine Versteigerung der
betreffenden Frequenzen in Sicht ist. Und das sei auch sinnvoll,
immerhin sei man mit den aktuellen Ausbaupflichten, die mit dem
5G-Frequenzerwerb einhergegangen sind, ohnehin schon gut ausgelastet.
Optimistischer ist man da schon bei "3" wo man eine Versteigerung der
26-GHz-Frequenzen für kommendes Jahr erwartet. Aber auch da spricht man
vor allem von Hotspots oder Unternehmensthemen wie "Industrie 4.0".
Schritt für Schritt
Trotzdem zeichnen sich auch in Österreich in den kommenden Jahren
durchaus relevante Verbesserungen ab. Jeder der drei großen Mobilfunker
verweist auf die eigenen Pläne für 5G Standalone – also den Betrieb von
5G ganz ohne LTE-Unterstützung, wie sie bisher genutzt wird. Erst damit
soll sich das Netz dann ganz entfalten könnte, was vor allem heißt:
niedrigere Latenzen und weiter gesteigerte Geschwindigkeiten. Dazu
kommen dann noch das Network Slicing, mit dem isolierte
Ende-zu-Ende-Netzwerke für Spezialwendungen möglich werden. Auch das ist
vor allem für Unternehmen interessant, um eine möglichst hohe
Zuverlässigkeit zu garantieren, nicht zuletzt mit dem Blick auf das
Internet der Dinge. Einen Zeitrahmen für 5G Standalone nennt allerdings
nur Magenta, hier ist von "voraussichtlich 2023" die Rede.
Die nähere Zukunft wird hingegen von profaneren Dingen geprägt sein.
Also vor allem dem kontinuierlichen Ausbau der Infrastruktur, damit auch
mehr Teile des Landes tatsächlich etwas von dem neuen Netz haben. A1
will etwa eine flächendeckende 5G-Abdeckung bis 2023 erzielen. Oder auch
davon, dass der 5G-Support in Smartphones weiter optimiert wird. 5G
dürfte also schon bald zur Normalität für viele werden. Dass es für die
breite Masse den riesigen Unterschied ausmacht, den man einmal
versprochen hat, darf allerdings bezweifelt werden. Also außer beim
Preis – aber auch das wird sich wohl früher oder später einpendeln.
Ausblick
Gespannt darf man jedenfalls schon sein, womit dann in ein paar Jahren
6G angepriesen wird. Aber wenn wir raten müssten: "Operationen über das
Internet", "Virtual Reality" oder auch "autonomes Fahren" haben in
dieser Hinsicht ziemlich gute Karten. (Andreas Proschofsky, 15.5.2021)
https://www.derstandard.at/story/2000126649237/5g-im-jahr-2021-die-revolution-laesst-weiter-auf-sich
5G im Jahr 2021: Die Revolution lässt weiter auf sich warten - Telekom -
derStandard.at › Web