Österreich ist nun Schlusslicht bei Glasfaserausbau in Europa
Nur knapp zwei Prozent der Haushalte direkt ans Netz angeschlossen – Island,
Weißrussland, Schweden führen Ranking an 27. Mai 2020, 10:55 354 Postings
Reichen in Österreich noch selten bis in die Wohnung oder das Haus:
Glasfaserkabel. Foto: Imago Mit Schlagworten wie "Fiber Power" und ähnlichen Begriffen werben die
heimischen Betreiber schon seit Jahren für ihre Internetangebote. Dabei
suggeriert man, dass viele Nutzer praktisch direkten Zugang zum jeweiligen
Glasfasernetz haben würden. A1 etwa gab 2019 bekannt, nun rund 420.000
Haushalte an sein "Giganetz" angeschlossen zu haben. Allerdings zählen zu
diesem Netz auch Kupferleitungen, die der Anbieter mittels Vectoring weiter
ausreizt.
Geht es um die Abdeckung mit Glasfaser-Direktanschlüssen via FTTH (Leitung
direkt in das Haus bzw. die Wohnung) und FTTB (Leitung bis zu einem
Verteiler ins Gebäude), sieht es jedoch düster aus. Schon 2016/17 lag
Österreich hier in einem Bericht der Telekombehörde RTR (gemäß Erhebungen
des FTTH Council Europe) im Feld der europäischen Nachzügler. Im April hat
das Gremium neue Daten vorgelegt, die kein gutes Zeugnis ausstellen. Nur 1,9 Prozent mit FTTB/H 1,9 Prozent aller Haushalte verfügen demnach hierzulande über einen
Glasfaserzugang wie FTTH oder FTTB. Die positive Nachricht: Der Großteil
davon kann sich über eine Leitung bis in die eigenen vier Wände freuen. Die
Kehrseite: Mit dieser Quote belegt Österreich den letzten Platz unter 34
europäischen Ländern, hinter Serbien, Großbritannien und Deutschland. Auch
den EU-28-Schnitt von 17,1 Prozent unterschreitet man klar.
Foto: FTTH Council Europe Das Spitzenfeld führt die nordische Inselnation Island an. Fast zwei Drittel
der Haushalte (65,9 Prozent) sind hier per Glasfaser-Direktanbindung
erschlossen, allesamt per FTTH. Ähnlich sieht es auch in Weißrussland (62,8
Prozent) aus, wo die FTTH-Quote ebenfalls bei hundert Prozent liegt. Platz
drei belegt Schweden (56,8 Prozent), wo FTTC die bevorzugte Lösung ist. Die
Länder haben zum letzten Vergleich deutlich aufgeholt, bei diesem lagen noch
Lettland und Portugal vorn. RTR sieht Direktanbindung als alternativlos an Das FTTH Council Europe ist ein Industrieverband, der sich seit Jahren stark
für den Glasfaserausbau einsetzt. Dabei fordert man möglichst direkte
Anbindung der Haushalte, statt die "letzte Meile" weiterhin per Kupfer zu
absolvieren. In Österreich ist bei den Betreibern der Netze allerdings FTTC
bisher die bevorzugte Lösung. Dabei führt die Glasfaserverbindung nur bis zu
einem Verteiler auf der Straße, über den dann eine größere Menge an
Haushalten versorgt wird.
Je nach Länge und Beschaffenheit der Kupferleitung kann die verfügbare
Bandbreite für Nutzer stark schwanken. Laut dem österreichischen
Breitbandatlas sind vielerlorts nach wie vor keine Gigabit-Bandbreiten
verfügbar. Eine Direktversorgung ist laut RTR allerdings alternativlos.
"Langfristig ist davon auszugehen, dass der steigende Breitbandbedarf nur
mit FTTB/H zu decken ist", hieß es in einer Pressemitteilung Ende 2018. Ein Ausbau der heimischen Internetkapazitäten ist politisch seit Jahren
avisiert, zuletzt unter dem Stichwort "Breitbandmilliarde". Immer wieder gab
es aber Kritik an langsamer Förderungsvergabe und den Kriterien. Einige
Betreiber machten in der Vergangenheit etwa ihren Unmut darüber kund, dass
öffentliche Gelder auch in die Aufwertung für das Kupfernetz fließen, obwohl
dessen Möglichkeiten als weitestgehend ausgereizt gelten. (gpi, 27.5.2020) Akronyme FTTH: Fiber to the Home FTTB: Fiber to the Building FTTC: Fiber to the Curb Links RTR-Erhebung für Glasfaseranschlüsse 2018 RTR-Pressemitteilung vom 29.10.2018
Drittletzter : Deutschland / Germany Letzter
Österreich / Austria