Das Internet stößt an seine Grenzen
Router können bals von der Menge der Wege überfordert sein !
Von DREW FITZGERALD
Wird das Internet zu groß für die Technik, die dahinter
steckt? Das fragen sich zur Zeit Netzwerk-Techniker und
andere Fachleute.
Internet-Anbieter, Unternehmen, Universitäten und Behörden
nutzen vorgegebene Routen durch das Netz, um Mails, Videos
und alles andere zu verschicken. Dieser Internet-Atlas ist
mit den Jahren dicker und dicker geworden. Viele Techniker
vermuten, dass es weltweit mittlerweile rund eine halbe
Million Verbindungen gibt – eine Zahl, die für gewöhnlich
als 512K abgekürzt wird. Mehr als eine halbe Million
Verbindungen können aber ältere Router nicht fassen, wenn
sie nicht überholt werden.
Um das Problem zu lösen, muss entweder neue Ausrüstung
gekauft werden, oder aber der Speicher der Router wird
erweitert und dann neu gestartet. Doch manche
Internetanbieter müssen jeden Router einzeln neu einstellen.
Bei so vielen betroffenen Geräten ist schwer einzuschätzen,
wie stark die Ausfälle sein werden. Am Dienstag sind schon
einige Websites vom Netz verschwunden – in den kommenden
Tagen könnten es mehr und mehr werden.
Getty Images
Router können von der Menge der Wege im Internet bald
überfordert sein.
Schon Ende der 1990er warnten Experten vor dem Zusammenbruch
des Internet: Die Systeme würden an der Jahrhundertwende
scheitern, weil sie die neue Jahreszahl nicht verarbeiten
könnten, war damals die Befürchtung. Doch die Befürchtungen,
die schnell auf die Normalbevölkerung überschwappten,
erwiesen sich als völlig übertrieben.
So sind Internet-Spezialisten dieses Mal deutlich
vorsichtiger mit schrillen Warnungen. Doch vielen
Software-Ingenieuren macht der Zuwachs an Verbindungen
Arbeit. Der Website-Anbieter Liquid Web etwa erklärte,
manche Webseiten von Kunden seien am Dienstag unerreichbar
gewesen, bis Techniker das Problem gelöst hatten. Der
Zuwachs an Verbindungen „hat manche unserer Router bis
jenseits ihrer Grenzen gebracht", sagte Unternehmenssprecher
Cale Sauter. „Das Problem zu lösen dauerte einen Großteil
des Tages".
Das Internet basiert auf zwei wichtigen Verzeichnissen: Das
Domain Name System weist den Informationspaketen ihr Ziel
zu; das Routingprotokoll gibt an, wie die Pakete zu diesem
Ziel gelangen. Wenn eins der Systeme zusammenbricht, können
Internetadressen vom Netz abgeschnitten werden.
Fachleuten ist das Problem schon seit Jahren bekannt. Auf
Mailverteilern und Spezialisten-Konferenzen mit Namen wie
der North American Network Operators' Group diskutieren sie
ihre Bedenken. Manche Internet-Betreiber, wie etwa Level 3
Communications LVLT aus den USA, haben schon vor mehr
als einem Jahr neue Ausrüstung mit zusätzlichem Speicher
gekauft, und lösten so das Problem, bevor es die Nutzer
betraf. Doch bei anderen herrschen noch blinde Flecken.
Die Hardware des Internet lässt noch ein weiteres Problem
befürchten: Unter dem beliebtesten Routing-System sind immer
weniger Adressen verfügbar. Denn IPv4, so der Name des
Systems, hat nur Platz für einige Milliarden Adressen. Doch
schon jetzt sind fast 13 Milliarden Geräte mit dem Internet
verbunden – und die Zahl steigt laut Netzwerk-Ausrüster
Cisco rapide. Die neue Version des Systems, IPv6, wurde
bisher kaum von den Nutzern angenommen. So dürften in den
kommenden Tagen und Wochen mehr und mehr Internetseiten und
Breitband-Betreiber die Knappheit zu spüren bekommen, sagt
Jim Cowie, der Chef-Forscher des Netzwerk-Betreibers Dyn.
Kontakt zum Autor:
redahttp://www.wsj.de/article/SB10001424052702304099004580091231349320928htmllktion@wallstreetjournal.de