Spanien soll katalonische Separatisten mit Spyware von NSO illegal ausspioniert
haben
Spanien soll katalonische Separatisten mit Spyware von NSO illegal ausspioniert haben
Zahlreiche katalanische Separatistenführer wurden laut Citizen Lab mit
dem israelischen Spionagesystem "Pegasus" abgehört – Spanische Regierung
weist Vorwürfe zurück
Foto: JACK GUEZ / AFP
Die spanische Regierung soll Kataloniens separatistische
Regionalregierung zum Höhepunkt des Unabhängigkeitsprozesses zwischen
2017 und 2020 illegal mit der israelischen Software "Pegasus"
ausspioniert haben. Kataloniens regierender Ministerpräsident Pere
Aragones verurteilte den Vorfall auf Twitter als "Angriff auf
Grundrechte und die Demokratie" und forderte eine Stellungnahme und
Erklärung des spanischen Regierungschefs Pedro Sánchez.
Laut einem Report der kanadischen Forschungsgruppe Citizen Lab wurden
die Mobiltelefone von mindestens 63 katalanischen Separatistenführer mit
dem System gehackt und abgehört, berichten am Dienstag spanische Medien.
Unter ihnen befinden sich der heutige katalanische Regionalpräsident
Pere Aragones, dessen Amtsvorgänger Quim Torra und Artur Mas sowie
verschiedene Mitglieder der damaligen Regionalregierung, des Parlaments
sowie Anwälte und Vertreter verschiedener separatistischer
Bürgerbewegungen.
Es handelt sich um Politiker und Privatpersonen, die maßgeblich am
Unabhängigkeitsprozess beteiligt waren, der 2017 in einem illegalen
Unabhängigkeitsreferendum gipfelte. Der damalige und seitdem im
belgischen Exil lebende Ministerpräsident Kataloniens Carles Puigdemont
soll laut Citizen Lab nicht vom Pegasus-Softwareprogramm ausspioniert
worden sein, sehr wohl aber Puigdemonts näheres Umfeld, zum Beispiel
seine Frau.
Rechtfertigungen
Laut dem israelischen Softwarehersteller NSO wird das Abhörsystem, mit
dem sämtliche Daten von Mobiltelefonen inklusive Kameras und Mikrofone
ausspioniert werden können, ausschließlich an Regierungen und
staatlichen Behörden verkauft. Laut dem "The New Yorker" gab ein
ehemaliger NSO-Angestellter zu, dass es mindestens einen spanischen
Pegasus-Kunden gibt, weshalb Kataloniens Separatisten davon überzeugt
sind, von der spanischen Zentralregierung illegal überwacht worden zu
sein.
"Weder das Innenministerium noch die Polizei oder die Guardia Civil
haben jemals Produkte oder den Service der Firma NSO beansprucht", heißt
es unterdessen aus dem spanischen Innenministerium.
Es ist nicht das erste Mal, dass Kataloniens Separatisten Opfer von
illegalen Abhörversuchen gewesen sind. Bereits 2020 wurden auf den
Handys verschiedener separatistischer Politiker Spyware-Programme
gefunden. Noch am heutigen Dienstag will Kataloniens ehemaliger
Ministerpräsident und heutiger EU-Abgeordneter Carles Puigdemont in
Brüssel eine Pressekonferenz zu den Spionagevorwürfen geben.
Die aktuellen Spionagevorwürfe fallen vor allem in die Zeit nach dem
Unabhängigkeitsreferendum, in welcher die Selbstverwaltung Kataloniens
zeitweise aufgehoben und zahlreiche Mitglieder der separatistischen
Regionalregierung wegen "Rebellion" in Untersuchungshaft genommen
wurden. (APA, 19.4.2022)
https://www.derstandard.de/story/2000135016427/spanien-soll-kataloniens-separatisten-mit-spyware-von-nso-illegal-ausspioniert