EU-Kommission stellt sich gegen Hintertüren in
Verschlüsselung
EU-Staaten dringen hingegen weiterhin darauf,
im Kampf gegen Terror und Organisierte Kriminalität auf verschlüsselte
Kommunikation zugreifen zu können
EU-Innenkommissarin Ylva Johansson
Foto: FRANCOIS WALSCHAERTS / REUTERS
Nach heftigem Widerstand hat die
EU-Kommission klargestellt, keinen Vorschlag für ein allgemeines Verbot
verschlüsselter Kommunikation zu planen. Es werde keine Lösung in
Betracht gezogen, die Verschlüsselung grundsätzlich für alle Bürger
schwächen oder direkt oder indirekt verbieten würde, heißt es in einem
Schreiben von EU-Innenkommissarin Ylva Johansson an drei EU-Abgeordnete.
Sie könne bestätigen, "dass es keine Pläne gibt, in diese Richtung zu
gehen".
In dem Schreiben, das der Deutschen
Presse-Agentur vorliegt, schließt die Schwedin auch "die Einführung von
"Hintertüren" für den Zugriff auf verschlüsselte Daten aus. Davor hatten
vor allem Datenschützer gewarnt.
Unterschiedliche Meinungen
Die EU-Staaten dringen hingegen darauf, im
Kampf gegen Terror und Organisierte Kriminalität auf verschlüsselte
Kommunikation zugreifen zu können. In einer Erklärung der
EU-Innenminister vom Dezember heißt es, zuständige Behörden müssten in
der Lage sein, rechtmäßig und zielgerichtet Zugriff auf die Daten zu
bekommen. Zugleich müssten technische Lösungen unter anderem die
Grundsätze der Legalität und Proportionalität beachten sowie den Schutz
persönlicher Daten. Man wolle eine "aktive Debatte mit der
Technik-Industrie" schaffen. Wichtig ist das aus Sicht der EU-Staaten
deshalb, weil Ermittler und Behörden immer mehr von elektronischen
Beweismitteln abhängen – und diese oft verschlüsselt sind.
Die EU-Kommission griff diesen Vorstoß
zuletzt im Anti-Terror-Plan auf. Man wolle mit den EU-Staaten an
möglichen rechtlichen, operativen und technischen Lösungen für den
legalen Zugang zu verschlüsselten Daten arbeiten. Zivilgesellschaftliche
Organisationen und Datenschützer liefen Sturm und warnten davor, den
Zugriff auf die Daten über eine "technische Hintertür" zu ermöglichen.
Dies beschädige die Vertraulichkeit der Kommunikation.
Reaktion
Johanssons Schreiben vom Montag ist nun eine
Antwort auf einen Brief der liberalen Europaabgeordneten Moritz Körner,
Claudia Gamon und Sophie in't Veld vom November, der auch an weitere
EU-Kommissare sowie EU-Ratschef Charles Michel und den deutschen
Innenminister Horst Seehofer ging. Dem Brief hatten sich mehr als 50
weitere Abgeordnete angeschlossen. Johansson wird in ihrer Antwort nun
so deutlich wie noch nie. Dabei erinnert sie an frühere Zusagen der
EU-Kommission, verschlüsselte Kommunikation nicht schwächen zu wollen.
Zuletzt waren solche Klarstellungen ausgeblieben.
"Es ist gut, dass die Kommission klarstellt,
dass sie keine Gesetzesinitiativen zu einem Verschlüsselungsverbot und
auch keine Hintertüren für Sicherheitsbehörden plant", sagte
FDP-Politiker Körner der dpa. "Die Kommission zeigt sich von den unter
deutscher Ratspräsidentschaft im Rat vorangetriebenen Plänen zur
Verschlüsselung entweder unbeeindruckt oder nimmt den massiven
öffentlichen Widerstand gegen die Pläne ernst. Beides ist gut für die
Bürgerrechte in Europa!" Seehofer müsse endlich erkennen, dass seine
Pläne zum Thema Verschlüsselung "in eine Sackgasse geführt haben". (APA,
15.1.2021)
EU-Kommission stellt sich gegen Hintertüren
in Verschlüsselung - Netzpolitik - derStandard.at › Web
https://www.derstandard.at/story/2000123317855/eu-kommission-stellt-sich-gegen-hintertueren-in-verschluesselung